In den frühen 2000er-Jahren begann Rolex, eine eigene, hochmoderne Gießerei einzurichten. Mit diesem ungewöhnlichen Schritt stellte die Luxusuhrenmanufaktur sicher, dass bei der Fertigung der Armbanduhren nur die feinsten Goldlegierungen verwendet werden.
Exklusives 18 Karat Gelb-, Weiß- und Everose-Gold wird nach sorgsam gehüteten Formeln von erfahrenen Gießern im eigenen Hause hergestellt. Das Ergebnis: hochwertige Edelmetalle – und wegen ihres einzigartigen Glanzes heute so begehrt wie einst das Gold in der Antike.
Da steht er, über seinen flammenumzüngelten Schmelztiegel gebeugt, in schwerer Wärmeschutzkleidung und mit einem Helm, in dessen Visier sich das gleißende Licht des geschmolzenen Goldes widerspiegelt. Die sperrige Ausrüstung steht ganz im Gegensatz zu dem besonderen Fingerspitzengefühl, das diese Arbeit erfordert. Denn die durch ellbogenlange dicke Handschuhe geschützten Hände brauchen gleichermaßen Kraft und Geschicklichkeit, um die Metallschmelze durch ein Sieb zu gießen. Das flüssige Metall „tropft“ dann in einen Wasserbehälter, kühlt dabei unverzüglich ab und bildet so feine 18 Karat Goldgranalien.

In diesem Augenblick erschafft der Gießer nicht nur einen edlen Werkstoff, sondern er legt auch bereits den Grundstein für die hohe Qualität eines Rohmaterials, aus dem nach vielen weiteren Arbeitsschritten die legendären Armbanduhren von Rolex entstehen werden. Bei Rolex beginnt der Gießer den Fertigungsprozess, in dem Mittelteile, Gehäuseböden, Lünetten und Armbandkomponenten aus Gold hergestellt werden.
Reines Gold mit 24 Karat Goldgehalt ist zu weich für eine Armbanduhr im täglichen Einsatz. Zur Verbesserung seiner Härte und Beständigkeit muss es daher mit anderen Metallen verschmolzen werden. So entsteht 18-karätiges Gold, eine bei Uhrmachern sehr begehrte edle Legierung, die 750‰ (Promille) reines Gold enthält. Je nach Anteil an zugesetztem Silber, Kupfer, Platin oder Palladium präsentiert sich das 18 Karat Gold in verschiedenen Varianten: Gelbgold, Roségold oder Weißgold.
Strenge Sorgfalt beim Legierungsprozess entscheidet über Qualität und Eigenschaften der Goldlegierungen. So beschloss Rolex zu Beginn der 2000er-Jahre, eine eigene Gießerei einzurichten, um die einzelnen Schritte dieses Prozesses zu beherrschen und damit sicherzustellen, dass in den Armbanduhren nur die hochwertigsten Goldlegierungen verarbeitet werden.

Aufs Zehntelgramm genau
Auf der Arbeitsfläche liegen – sorgfältig verpackt und etikettiert – die Metalle, die miteinander verschmolzen werden: gelb glänzende Feingoldgranalien, weißgraue Silberplättchen, rosarote Kupferbillets und, je nach gewünschter Legierung, Platin oder Palladium.
Der Gießer gibt sie sehr bedächtig in einer festgelegten Reihenfolge und auf das Zehntelgramm genau in einen Grafittiegel. Das Fingerspitzengefühl des Gießers und die strikte Einhaltung des Mischungsverhältnisses sind ausschlaggebend für die Qualität des Gelb-, Weiß- oder Everose-Goldes wie auch für seinen Feingehalt (Anteil an reinem Gold).
Der erste Schmelzvorgang beginnt. Im Schmelztiegel vereinen sich die auf 1.150°C oder mehr erhitzten Metalle zu einer glühenden Flüssigkeit. Der Gießer lässt den Inhalt des Schmelztiegels dann durch ein Sieb fließen, wobei die Goldschmelze durch die Flammen eines Gebläsebrenners gegen den Luftsauerstoff und damit gegen die Oxidation geschützt wird.

ZWEITE SCHMELZPHASE
Das flüssige Metall tropft in einen wassergefüllten Behälter. Beim Kontakt mit dem Wasser kühlen die Tropfen unverzüglich ab und erstarren unter Bildung von Wasserdampf zu feinen Granalien – in 18 Karat Gold. Wenn der Gießer dann sein Visier öffnet, lässt sein Gesicht die Zufriedenheit mit der geleisteten Arbeit erkennen. Seine Aufgabe ist damit aber noch lange nicht erledigt.

Die Granalien werden nun getrocknet und von dem erfahrenen Gießer gründlich auf Mängel untersucht. Zur Überprüfung der Zusammensetzung und des Feingehalts des Granulats werden Stichproben entnommen. Das restliche Granulat wird bis zur zweiten Schmelzphase vor dem Stranggießen zwischengelagert.
Diese zweite Phase ist zwar weniger spektakulär als die erste, jedoch ebenso wichtig. Das Granulat wird unter Aufsicht des Gießers in den Ofen der Stranggussanlage eingefüllt. Das geschmolzene Gold wird durch eine wassergekühlte Düse gegossen, in der es erstarrt und dann in Form des gewünschten Rohwerks austritt – Flachstangen für die Mittelteile und Gehäuseböden, Draht für die Bandelemente oder Rohre für die Lünetten.

STÄNDIGE WACHSAMKEIT
Obwohl der zwei Stunden währende Strangguss von der Maschine ausgeführt wird, sind Wachsamkeit und Know-how des Gießers von höchster Bedeutung. Er überprüft, ob sich das Gold mit der richtigen Geschwindigkeit verfestigt, was für eine adäquate Metallstruktur erforderlich ist, und achtet darauf, dass die Düse exakt ausgerichtet ist – Voraussetzung für ein absolut geradliniges Gusserzeugnis und somit für die Optimierung der anschließenden formgebenden Arbeitsschritte. Sein besonderes Augenmerk gilt auch der richtigen Temperatur der Werkzeuge, des Goldbads, des Kühlwassers und des aus der Düse austretenden Gusserzeugnisses: Sie ist ausschlaggebend für die Endqualität des erstarrten Goldes. Ein einziger Fehler und der gesamte Guss ist verdorben. Die noch heißen Halbzeuge werden untersucht und Stichproben werden zur Analyse weitergeleitet. Die noch heißen Halbzeuge werden untersucht und Stichproben werden zur Analyse weitergeleitet.

Die hoch spezialisierte Arbeit des Gießers ist damit beendet. Nachdem er die drei Elemente Feuer, Luft und Wasser benutzt hat, um das der Erde – dem vierten Element – entstammende Edelmetall Gold aufzubereiten, übergibt der Gießer das Gusserzeugnis an die verarbeitenden Ateliers, die der exklusiven Legierung mit derselben Akribie und demselben Streben nach Perfektion ihre endgültige Form verleihen.